Ollantaytambo#
Die Festung von Ollantaytambo ist eines der imposantesten Beispiele für die hochentwickelte Baukunst der Inka. Sie sollte aus dem Norden eindringende Urwaldstämme abwehren. Geschichtliche Bedeutung erlangte das Bollwerk zu Zeiten der spanischen Eroberungen, denn hierher zog sich der aufständische Manco Capac zurück, mußte aber bald weiter in seine Dschungelfestung nach Vilcabamba fliehen. Sein Volk wurde Zug um Zug von den Spaniern versklavt. Widerstand war kaum zu befürchten, dafür hatten ironischerweise die Inka selbst gesorgt. Das Leben der einzelnen Menschen war nämlich durch eine 'Zehn-Klassen-Gesellschaft' bis ins Detail vorherbestimmt. Vom 'Schreienden Neuen' über das 'stehende Kind' und den 'Gehenden Jungen' genossen die Knaben bis zum Alter von neun Jahren noch eine relative Freiheit. Für Mädchen ab 5 stand jedoch bereits Hausarbeit am Programm. Mit den Klassen des 'Vogelfängers' und 'Lamahirten' begann auch für die Knaben die Eingliederung in die Arbeitswelt. Dann erfolgte ein mehrjähriger verpflichtender Wehrdienst. Der Abschnitt vom 25. bis zum 50. Lebensjahr galt beim Mann als wertvollste. Als 'Vollmann' hatte er das Recht auf eine Anbauparzelle und die Pflicht steuerlicher Abgaben. Zusätzlich mußte er drei Monate im Jahr seine Arbeitskraft dem Staat zur Verfügung stellen, d.h. für Arbeiten im Bergwerk, an öffentlichen Bauten und im Militärdienst. Es wurde von Staats wegen peinlichst darauf geachtet, dass Vollmänner stets Arbeit hatten. War nicht genug davon vorhanden, erfand man eben unsinnige Tätigkeiten wie 'Läuse sammeln' oder 'Hügel versetzen'. So hatten alle Beschäftigung und keine Zeit für etwaige aufständische Tätigkeiten. Mit 50 Jahren wurde aus dem Vollmann ein 'Halb-Alter' und ab 60 ein 'Schläfriger Alter'. Sie betätigten sich in der öffentlichen Erziehung der Jugend und im Sozialdienst. Frauen hatten in der 6.Klasse im Alter von 18-30 Jahren das Recht, zwangsverheiratet zu werden. Schafften sie dies nicht, wurden sie Dienstmädchen oder Geliebte eines inkaischen Staatsfunktionärs. Ein Verstoß gegen die vorgeschriebene Gesellschaftordnung hatte meist dramatische Folgen, denn das Rechtssystem der Inka kannte keine Gnade. Da man in Ermangelung einer Schrift auch kein einheitliches Gesetzbuch hatte, wurden die Gerichtsurteile nach Gutdünken der Richter vollstreckt. Mord an einem Adeligen hat man beispielsweise mit Vierteilung geahndet, die Tötung eines gewöhnlichen Bauern dagegen nur mit Auspeitschung. Besonders drastisch waren die Strafen für Ehebruch: Nicht nur das Liebespaar, auch alle Nachkommen bis zum Alter von zehn Jahren wurden in Sippenhaft genommen und von Felsen gestoßen oder gesteinigt. Die Todesstrafe galt ebenso bei Einbruch, bei Beschädigung von Strassen und Brücken sowie bei Faulheit. Das Leben des Volkes war in höchstem Maße uniform. Alle trugen die gleiche Kleidung, besaßen die gleichen Häuser, den gleichen Hausrat und bewirtschafteten die Felder im Kollektiv. Neben dem Besitz von 10 Lamas gab es kein Privateigentum. Für Kunst hatte man nicht allzuviel übrig. Keramik, Textilien und Musik der Inka wirken im
Vergleich zu den Vorgängerkulturen bescheiden. Zur Herstellung außergewöhnlicher Kunstwerke wie beispielsweise Goldschmuck für die Adeligen holte man sich bequemerweise Spezialisten aus den unterworfenen Gebieten. In seinem Kern war der Inka-Staat ausschließlich auf Pragmatismus ausgerichtet. Für unnötigen Firlefanz hatte man kein Verständnis. Höchstleistungen wurden nur dort erbracht, wo es nach Ansicht der herrschenden Klasse von unmittelbarem Nutzen war, wie beispielsweise im Bereich der Organisation und der Baukunst, sei es im Strassenbau, um das Reich zu kontrollieren, in der Tempelarchitektur, um Götter und Ahnen zu ehren oder in der Landwirtschaft, wo der Bau gigantischer Terrassen- und Bewässerungssysteme eine bestens planbare Versorgung der Untertanen sicherstellte.